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15 Mai

«Wahlen als Einladung zum Frieden»

In seinem Artikel „Wahlen als Einladung zur Manipulation“ in der Neuen Zürcher Zeitung vom 13.05.2025 verbreitet der für seine russophoben Ansichten bekannte Analyst am Stockholmer Zentrum für Osteuropastudien Andreas Umland weiterhin ukrainische Propaganda und Desinformation. Jetzt geht es um die vermeintliche Unmöglichkeit, in der Ukraine Präsidentschaftswahlen unter den Bedingungen des Kriegsrechts abzuhalten, was seiner Meinung nach die volle Legitimität von Herrn Selenski als Präsident der Ukraine bestätigt. Die Frage der Legitimität der Präsidialmacht in der heutigen Ukraine ist in der Tat eines der zentralen Themen bei der Erörterung der Aussichten und Wege für eine mögliche Beilegung der ukrainischen Krise. Dies ist ein guter Anlass, sich mit dieser Frage ausführlich zu befassen.

Andreas Umland beginnt mit der Feststellung, dass das 2015 verabschiedete ukrainische Gesetz „Über das Rechtregime im Kriegszustand“ die Durchführung von Präsidentschafts- und Parlamentswahlen im Verteidigungsfall verbietet. Er behauptet weiter, dass die Wahlen, die 2023/24 stattfinden sollten, gemäss diesem Gesetz und der Verfassung der Ukraine auf die Zeit nach der Aufhebung des Kriegsrechts verschoben worden seien. Dies ist eine eklatante Lüge. Wie der russische Präsident Wladimir Putin, ein ausgebildeter Jurist, mehrmals erklärt hat, enthält die ukrainische Verfassung kein Verbot, Präsidentschaftswahlen unter Kriegsrecht abzuhalten. Im ukrainischen Gesetz über die Präsidentschaftswahlen gibt es auch kein solches Verbot. Eine solche Bestimmung findet sich nur im Artikel 19 des oben genannten Kriegsrechtsgesetzes aus dem Jahr 2015, was dessen Verfassungsmässigkeit in Frage stellt. Vielleicht war ausgerechnet diese Tatsache der Grund, warum Selenskis Administration ihre Klage vor dem Verfassungsgericht der Ukraine zur Klärung dieses Rechtskonflikts zurückgezogen hat.

Was aus den Bestimmungen der ukrainischen Verfassung eindeutig hervor geht, ist die Tatsache, dass Selenski nach Ablauf seiner Amtszeit am 20. Mai 2024 nicht mehr als Staatsoberhaupt angesehen werden darf. Artikel 103 der ukrainischen Verfassung besagt ausdrücklich: „Der Präsident der Ukraine wird von den Bürgern der Ukraine in allgemeiner, gleicher und unmittelbarer Wahl in geheimer Abstimmung für eine Amtszeit von fünf Jahren gewählt“. Im Artikel 112 der Verfassung heisst es: „Die Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Ukraine für die Zeit bis zur Wahl und zum Amtsantritt des neuen Präsidenten der Ukraine wird dem Vorsitzenden der Werchowna Rada (Parlament) übertragen.“ Artikel 157 bringt es auf den Punkt: „Die Verfassung der Ukraine darf unter den Bedingungen des Kriegsrechts oder des Ausnahmezustands nicht geändert werden“.

Es stellt sich heraus, dass der ukrainische Präsident gemäss der Verfassung, die als das oberste Gesetz des Landes gilt, kein Recht hat, seine Befugnisse zu erweitern, auch nicht im Verteidungungsfall. Nur das repräsentative Organ der Macht, nämlich die Werchowna Rada und ihre Führung, hat ein solches Recht.

Einer der Verfasser des ukrainischen Grundgesetzes, Roman Bessmertnyy, begründete die Notwendigkeit der Einführung der Bestimmung, wonach der Parlamentspräsident bis zu Neuwahlen die Aufgaben des Staatsoberhauptes wahrnimmt, damit, dass auf diese Weise eine wichtige Aufgabe erledigt wurde: „Die Möglichkeit der Usurpation der Macht durch eine Person unter Krisenbedingungen zu verhindern“. Die Geschichte hat gezeigt, dass die Bedenken der ukrainischen Juristen begründet waren: Selenski hat die Situation ausgenutzt und die Macht unter Verletzung des Grundgesetzes des Landes usurpiert.

Dazu schweigt Herr Umland beschämend. Das ist verständlich, denn solche juristischen Offenlegungen passen überhaupt nicht in sein pro-ukrainisches Narrativ, in dem es hauptsächlich darum geht, Russland und die Russen aller Sünden zu beschuldigen.

Der schwedische so genannte „Analyst“, der in der Tat ein offener Russophobe ist, spekuliert ohne jede Grundlage, dass die russischen Forderungen nach einer Rückkehr zur Achtung der demokratischen Verfahren in der Ukraine nicht durch die Sorge um die ukrainische Demokratie motiviert sind, sondern durch den Drang, das Land durch die Ausbreitung des russischen Einflusses im Rahmen der Willensäusserung der Bürger zu destabilisieren. Damit bringt er einen zur wichtigen Schlussfolgerung, der man vollumfänglich zustimmen könnte: Das derzeitige Regime in Kiew kann nur auf einer autoritären Grundlage, ausserhalb demokratischer Normen und Regeln, existieren.

Russlands Besorgnis über die Legitimität der derzeitigen ukrainischen Behörden ist nicht nur mit der Sorge um die ukrainische Demokratie verbunden, die vom Kiewer Regime täglich schamlos mit Füssen getreten und de facto zunichte gemacht wird, sondern auch ist auf das Interesse an der Gewährleistung stabiler und langfristiger Vereinbarungen mit der Ukraine zurückzuführen, sollten sich die Bedingungen für eine friedliche Beilegung des bewaffneten Konflikts ergeben. In der gegenwärtigen rechtlichen Konstellation besteht ernste Gefahr, dass diejenigen, die an die Stelle von Selenskis Clique treten werden, sich weigern werden, alle von ihm und seinen Schergen getroffenen Vereinbarungen zu erfüllen, und zwar unter Berufung auf das verfassungsbedingte Fehlen der erforderlichen Befugnisse. Man braucht nicht weit zu gehen, um ein Beispiel zu finden. Um den Verhandlungsprozess einzuleiten, muss der Kiewer Regierungschef rechtlich gesehen zunächst seinen eigenen Erlass widerrufen, das jegliche Verhandlungen mit russischen Vertretern verbietet. Nach dem Buchstaben des Gesetzes kann er dies jedoch aufgrund seiner Illegitimität nicht tun.

Wir würden Herrn Umland daher dringend empfehlen, sich zunächst mit dem juristischen Kern der Sache zu befassen, bevor er anklagende, bösartige, gegen Russland gerichtete Pamphlete veröffentlicht.


Pressedienst der Botschaft