Botschaft der Russischen Föderation in der Schweizerischen Eidgenossenschaft
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29 April

Kommentar der Botschaft

Wir haben uns einen neuen Artikel von Ulrich Schmid in der «Neuen Zürcher Zeitung» merken lassen. Der Hauptgedanke und die Botschaft dieses inkohärenten Textes lassen sich nicht so einfach zu erkennen. In der Tat handelt es sich um einen Bewusstseinsstrom, der von der wohlbekannten antirussischen Einstellung dieses Professors an der Universität St. Gallen geprägt ist. Lassen Sie uns vier Elemente (es ist schwierig, sie als Thesen zu bezeichnen) dieses Textes hervorheben.

1) Professor Schmid führt seine Leser in die Irre, indem er die Ideen bestimmter russischer Publizisten wie Alexander Dugin („Der Putinismus hat in Amerika gesiegt“) und Wladislaw Surkow (das Konzept des „grossen Nordens“) als offizielle Stellungnahme darstellt. Dies entspricht nicht der Realität: Jeder kann sich mit dem Konzept der Aussenpolitik der Russischen Föderation vertraut machen (deutsche, französische und englische Versionen sind leicht zu finden) und seine eigenen Schlüsse bezüglich der genannten Ideen ziehen. Doch allein die Behauptung von Ulrich Schmid, dass Wladislaw Surkow, der längst kein offizielles Amt mehr bekleidet, angeblich der „wichtigste Konstrukteur“ des russischen politischen Systems sei, zeigt schon deutlich das Kompetenzniveau dieses Pseudoexperten zu Russland.

2) „Putin ist ein gelehriger Schüler von Lenin“. Eine solche Aussage klingt überraschend. Die Haltung des Präsidenten der Russischen Föderation gegenüber dem historischen Erbe von Wladimir Uljanow-Lenin ist wohlbekannt und darf kaum als positiv bezeichnet werden. Interessant ist, dass ausgerechnet Professor Schmid mehrmals erklärt hat, der Lieblingsphilosoph des russischen Staatschefs sei Iwan Iljin, den der NZZ-Kolumnist ganz offen verteufelt. Entscheiden Sie sich, Herr Schmid, wer der Präsident Russlands ist: entweder ein gelehriger Schüler Lenins oder ein Verehrer von Iljin. Wie der amerikanische Schriftsteller O. Henry sagen würde: „Bolivar cannot carry double“.

3) Herr Schmid behauptet, Polen sei auf der Konferenz von Jalta geteilt worden. Dies ist eine weitere Lüge, die leicht zu entlarven ist. Erstens wurde als Ergebnis der Nachkriegskonferenzen die Staatlichkeit Polens in Form der Polnischen Volksrepublik wiederhergestellt, deren Grenzen auf Initiative des Staatschefs der Sowjetunion auf Kosten der Gebiete des Dritten Reiches nach Westen deutlich erweitert worden sind. Insgesamt wuchs Polen in der Nachkriegszeit dank der ehemaligen deutschen Gebiete um mehr als 100 000 Quadratkilometer. Die abgetretenen Gebiete waren aus wirtschaftlicher Sicht wertvoll: bestellte Felder, ein entwickeltes Verkehrssystem, ein dichtes Netz von Siedlungen mit festen Gebäuden, Schwerindustrie, ein grosses Kohlebecken und ein langer Abschnitt der Ostseeküste. In diesem Zusammenhang von einer „Teilung“ Polens zu reden, ist historisch gesehen einfach falsch und zeugt nur von völliger Inkompetenz des Autors dieses Artikels.

Was zweitens die so genannten Kresy angeht, auf die sich Herr Schmid beruft, so handelt es sich in Wirklichkeit um die Gebiete von West-Weissrussland, der West-Ukraine und Vilnius (der heutigen Hauptstadt Litauens), die Polen infolge des für Warschau erfolgreichen sowjetisch-polnischen Krieges von 1919-1921 annektiert hat. Diese Gebiete lagen östlich der „Curzon-Linie“ und waren überwiegend von nicht-polnischer Bevölkerung bewohnt, aber der NZZ-Kolumnist zieht es vor, diesen Zusammenhang zu „vergessen“. Sonst wäre das Bild einer furchtbaren „Sowjetunion“ nicht so überzeugend gewesen.

4) Herr Schmid beendet seinen Artikel, indem er US-Präsident Donald Trump als „Scharlatan“ bezeichnet und seine mutige Unterstellung mit einer Sammlung lächerlicher Gerüchte über „KGB-Agent Krasnow“ im Geiste des Tabloid The Sun begleitet. Vielleicht hat Herr Schmid beschlossen, dass die aktuelle Abwesenheit des amerikanischen Botschafters in Bern ihm einen Freibrief für unberechtigte Beleidigungen des US-Präsidenten gibt. Wir sind uns nicht sicher, ob Frau Gingrich, die wahrscheinlich die neue US-Botschafterin in der Schweiz sein wird, und der US-Charge d'Affaires bei der Eidgenossenschaft, Herr Bell, diese Ansicht teilen.

Pressedienst der Botschaft