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Kommentar des Botschafters der Russischen Föderation in der Schweiz Sergei Garmonin im Zusammenhang mit der Publikation „Putin betreibt historisches Säbelrasseln“, die Neue Zürcher Zeitung vom 6. Februar 2020

Je näher der 75. Jahrestag der Kapitulation des Nazideutschlands im Zweiten Weltkrieg rückt, umso öfter werden in der Schweizer Presse Artikel veröffentlicht, in denen versucht wird, auf die Sowjetunion die Schuld für den Ausbruch des Zweiten Weltkrieges abzuwälzen und die Rolle unseres Landes im Sieg über Hitler zu schmälern. Die einseitige Darlegung der geschichtlichen Ereignisse und deren Verdrehung sind bereits zu einem Instrument geworden, mit dem versucht wird, Abneigung gegen unser Land zu verbreiten und seine Entwicklung als eines der Zentren in der sich formierenden multipolaren Weltordnung zu behindern.

Der Beitrag von Herrn Speck ist ein Paradebeispiel einer solchen tendenziösen Publikation, in der vorsätzlich Vergangenheit und Gegenwart vermischt und verdreht wurden. Das Ziel ist klar – Russland als eine Art „Reich des Bösen“ darzustellen, das für vergangene und aktuelle Konflikte verantwortlich wäre. Wir möchten dem Autor nahelegen, dass es nicht im russischen Charakter, gegen Polen oder ein anderes Land irgendwelche Kreuzzeuge durchzuführen. Historisch gesehen entfesselten wir keine Kriege, dafür setzten wir des Öfteren den Kriegen ein Ende.

Darüber hinaus lässt Herrn Speck anscheinend sein Gedächtnis in Stich, anderes kann man es bei einem, der in Neuer Geschichte promovierte nicht erklären. Es sei denn er will es nicht anerkennen, wer mit Hitler gemeinsam schon seit 1934 Mitteleuropa aufteilte, als deutsch-polnischer Nichtangriffspakt besiegelt wurde und später, nach dem 1938 das Abkommen von München zustande kam, dass Polen es ermöglichte, von der Tschechoslowakei das Teschen-Gebiet und vier slowakische Dörfer zu annektieren.

Der deutsche Historiker nimmt es mit den Fakten nicht so genau, wenn er behauptet, dass Moskau Polen Schuld für den Ausbruch des Zweiten Weltkrieges in die Schuhe zu schieben versucht. Niemand von der offiziellen russischen Seite, auch nicht Präsident Putin, sprachen je davon. Wir haben lediglich darauf hingewiesen, dass der sowjetisch-deutscher Nichtangriffspakt nicht aus dem Nichts kam, sondern eine durch vorangegangene und oben beschriebene Ereignisse erzwungene Maßnahme war.

Es ist eine Niedrigkeit, dass unsere Opponenten, sich den Zweiten Weltkrieg als Thema für ihre Verfälschungen ausgewählt haben. Der Sieg in diesem Krieg, in Russland „Großer Vaterländischer Krieg“ genannt, ist für uns heilig. Der Sieg ist für uns mit kolossalen Menschenopfer von 27 Millionen, darunter 8,7 Soldaten, verbunden und mit unerträglichem Leiden, das allen Völker der Sowjetunion zuteilwurde. In Russland gibt es keine einzige Familie, die vom Konflikt nicht betroffen war. Gerade deshalb ist die Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg nach wie vor so präsent und alle Versuche, damit zu spekulieren, unakzeptabel sind.

Kaum zu glauben, dass der Fachhistoriker U. Speck dies alles nicht kennt. Aber noch mehr erstaunt sein Ansatz, die Ebene des Leidens des sowjetischen Volkes und der Holocaust-Opfer zu vergleichen. Zu den Opfern des belagerten Leningrads wurden bis 1.5 Millionen Menschen, was die Hälfte der Bevölkerung der Stadt vor dem Krieg ausmachte. Unter den Einwohnern Leningrads waren neben Russen auch Vertreter anderer Völker, inklusive Juden. Die Formulierungen von U.Speck sind einfach lästerlich und beweisen eine unverhüllte Lähmung der menschlichen Moral. Wir möchten dem Autor des Beitrags daran erinnern, dass ca. 40% von 6 Millionen gestorbenen Juden Sowjetbürger waren. Der Sieg war eine gemeinsame Errungenschaft der Menschheit und die Opfer dieses Krieges waren auch gemeinsam, und wir trauern um sie alle gleichermaßen.

Der schwerste Ansturm des Feindes richtete sich gerade gegen die Sowjetunion und das ist eine unbestrittene Tatsache. Es ist deshalb vollkommen gerechtfertigt, dass die Rote Armee dank Tapferkeit und Selbstlosigkeit ihrer Soldaten mit dem Sturmangriff auf Berlin den Krieg siegreich beendete. Dabei teilten wir den Sieg nie zwischen „eigenem“ und „fremdem“ auf. Wir schätzten immer hoch den Beitrag der Alliierten der Anti-Hitler-Koalition. Wir erinnern uns sehr gut an das Vertrauen und jene Einheit, die zu unserem gemeinsamen Erbe und zum Vorbild der Vereinigung der Völker um des Friedens und der Stabilität willen wurde. Gerade auf dieser Welle wurde die Organisation der Vereinten Nationen gegründet.

                                                                          

Sergei Garmonin

Botschafter der Russischen Föderation in der Schweiz