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Stalingrad ist nicht an der Donau

Wir müssen feststellen, dass die überwältigende Mehrheit von Publikationen über den Zweiten Weltkrieg, die in der Schweiz veröffentlicht werden, oft tendenziöser und antirussischer Natur ist. Den Lesern wird eine einseitige, oft auf Spekulationen basierende Interpretation der damaligen Ereignisse aufgetischt. Ivo Mijnssens Artikel "Das Stalingrad an der Donau" in der "Neuen Zürcher Zeitung" vom 12. Februar 2020, der von der Befreiung von Budapest durch die Rote Armee erzählte, war keine Ausnahme.

Der Autor bezieht sich auf die Materialien des ungarischen Museums Felsenspital und die Monografie von Krisztian Ungvary, in der sowjetische Soldaten, welche Ungarn vom Nazi-Joch befreiten, der Plünderung und Gewalt beschuldigt werden. Uns ist diese propagandistische Finte hinlänglich bekannt, da sie eins zu eins in einigen Ländern Europas verbreitet wird, die sich als eine Art Opfer der Sowjetunion darstellen und gleichzeitig ihre eigene abscheuliche Rolle während des Zweiten Weltkrieges verschleiern wollen. In ihrem Bestreben, auf diese Weise mit der Geschichte zu spekulieren, entgeht es ihnen wohl, dass sie damit die Büchse der Pandora öffnen. Zu Sowjetzeiten gehörte es sich aus politischen Gründen nicht, unsere Verbündeten an Fakten zu erinnern, die für sie unangenehm waren. Dies bedeutet aber nicht, dass diese nicht existieren oder dass wir sie vergessen haben.

Was die Anschuldigungen gegen sowjetische Soldaten anbelangt, so möchten wir auf den Befehl des Obersten Befehlshabers vom 19. Januar 1945 "Zur Verhinderung der groben Behandlung der örtlichen Bevölkerung" hinweisen, der für die Übertreter die härteste Strafe vorsah - bis hin zur Erschießung. Eiserne Disziplin in der Roten Armee lässt keinen Zweifel daran, dass dieser Befehl auch strikt umgesetzt wurde.

Die sowjetische Führung verlangte von Rotarmisten, auch die Bevölkerung Ungarns freundlich zu behandeln und das trotz der Teilnahme der ungarischen Einheiten auf Seite Hitlers am Krieg gegen die Sowjetunion. Anlässlich des 75. Jahrestages der Befreiung Budapests hat das Verteidigungsministerium Russlands eine Reihe von Archivdokumenten freigegeben. So heißt es im Dekret des Staatlichen Verteidigungskomitees der UdSSR vom 27. Oktober 1944, dass "die Rote Armee nicht als Eroberer, sondern als Befreier des ungarischen Volkes von der deutsch-faschistischen Unterdrückung in Ungarn einmarschiert ist und keinen anderen Zweck hat, als die feindlichen deutschen Armeen zu besiegen und die Herrschaft vom Hitlerdeutschland in den von ihm versklavten Ländern zu zerstören".

Plünderung ist noch die harmloseste Übeltat der Hitler-Aggressoren, die den sowjetischen Boden betraten. Von den dokumentierten Fakten dessen, was die Eroberer in unserem Land taten, gefriert einem das Blut in den Adern. Als besonders sadistisch taten sich dabei die ungarischen Soldaten hervor, die im Vergleich zu anderen Verbündeten Hitlers das größte Kontingent von ca. 30 Tausend Mann in den Strafeinheiten der SS stellten.

Sie stachen Augen aus, zerteilten Menschen mit Sägen, schnitten den Rotarmisten Sterne auf der Haut, begruben sie lebendig, ließen Menschen auf Feuer braten oder trieben die Einheimischen einfach in die Scheunen und verbrannten sie. Diese brutalen Gräueltaten hatten Massencharakter.  Wir haben wiederholt die schreckliche Zahl der Verluste des sowjetischen Volkes im Zweiten Weltkrieg genannt - 27 Millionen Menschen. Nicht weniger grauenhaft ist jedoch, dass die Zahl der Militärangehörigen unter ihnen nur 8,7 Millionen beträgt und alle anderen Opfer unter der Zivilbevölkerung zu beklagen sind: alte Menschen, Frauen und Kinder.

Vielleicht wollten die Hitleristen aus Budapest ihr Stalingrad machen, aber es fehlte ihnen an Geist und Kraft, dies fertig zu bringen. Die Schlacht von Stalingrad lässt sich nur schwer, wenn überhaupt mit irgendetwas vergleichen. Die über ein halbes Jahr andauernde Schlacht wurde zur blutigsten in der Geschichte der Menschheit. Die Kriegsverluste der Sowjetunion betrugen 479 Tausend Menschen, der Wehrmacht – ca. 300 Tausend, bei den Verbündeten des Nazideutschlands (Italien, Rumänien, Ungarn, Kroatien) beliefen sich die Verluste auf ca. 200 Tausend Menschen. An der Wolga wurde praktisch die 200 Tausend Mann starke 2. Ungarische Armee vernichtet.

Für diejenigen, die sich ein objektives Bild von den Ereignissen dieses Krieges machen wollen, empfehlen wir den Besuch der Kriegsmuseen in Moskau, St. Petersburg, Wolgograd, Woronesch und anderen russischen Städten.


Sergei Garmonin

Botschafter Russlands in der Schweiz